Im Oktober 2014 rief die Telecommunications Industry Association (TIA) eine Arbeitsgruppe ins Leben, um Richtlinien für eine Wide-Band Multimode Glasfaser (WBMMF) 50/125 µm zu entwickeln, die die Übertragung mit kurzen Wellenlängen (Short-Wavelenght Division Multiplexing – SWDM) unterstützt. Der TIA-492AAAE Faser-Standard wurde im Juni 2016 veröffentlicht, die Bezeichnung OM5 wurde dann im Oktober 2016 von der ISO/IEC JT1/SC25 vergeben. Bis heute wird OM5 jedoch nur wenig genutzt. Warum ist das so? Und warum wurde OM5 überhaupt eingeführt? Wie sieht die Zukunft aus? Wird OM5 jemals an Bedeutung gewinnen?
In lokalen Netzwerken sowie in Rechenzentren bleiben Multimode-Fasern (MMF) der dominante Fasertyp, weil sie die niedrigsten Verbindungskosten (cost per link) für kurze Entfernungen ermöglichen (berechnet nach den Kosten für die Verbindung und den optischen Transceivern).
Es ist wichtig, den Unterschied zwischen standardkonformen Transceivern und proprietären Lösungen, sogenannten MSA-Transceivern zu kennen. Erstere arbeiten im Ethernet-Kontext mit optischer Übertragung und wurden als Teil des IEEE 802.3 Ethernet Standards anerkannt, dessen Vorgaben sie unterliegen und erfüllen. Eigenentwickelte / MSA-Transceiver werden nicht als IEEE-standardkompatibel anerkannt. MSA-Transceiver (Multi-Source Agreement Transceiver) wurden aufgrund von Absprachen zwischen verschiedenen Herstellern entwickelt, um über Herstellergrenzen hinweg kompatibel zu sein. Sie unterliegen aufgrund dieser Vereinbarungen zwischen den Herstellern zwar einem De-Facto-Standard, jedoch keinem offiziell verabschiedeten Industriestandard wie IEEE. Entweder hat die zugrundeliegende Proposed Physical Media Dependent (PMD) Technologie im Standardisierungsgremium nicht genügend Stimmen erhalten, um als standardkonform zu gelten, oder der Transceiver verfügt über Technologie, die nie als Teil des offenen IEEE-Industriestandards geplant war. Die Unterscheidung der beiden Terminologien ist wichtig, da der Markt sehr vielseitig ist und viele verschiedene, eigenentwickelte Transceiver-Typen verfügbar sind.
Im Ethernet-Bereich von 1G bis 400G haben alle standardkonformen Multimode-Transceiver eine Sache gemeinsam: Sie nutzen Oberflächenemitter (Vertical-Cavity Surface-Emitting Lasers – VCSELs), die mit Wellenlängen von 850nm arbeiten. Als VCSELs eingeführt wurden, wurden diese dafür entwickelt, Licht mit einer Wellenlänge von 850nm zu produzieren. Dies war die damals vorgegebene, MMF-spezifische Wellenlänge. Design und Technik der Glasfasern wurden dann weiterentwickelt, um die Glasfaser-Bandbreite im 850nm-Bereich zu optimieren. Als zum Beispiel die OM4-Faser eingeführt wurde, unterschied sich diese deutlich von i Vorgänger OM3. OM4 bot 4700 MHz•km anstatt der vorherigen 2000 MHz•km der OM3-Faser.
Im Zeitraum vom dritten Quartal 2019 bis zum ersten Quartal 2020 werden voraussichtlich die ersten verfügbaren 400G-VCSEL-Transceiver für 400GBASE-SR8 und 400GBASE-SR4.2 auf den Markt kommen. Der Einsatz von VCSELs bei Geschwindigkeiten von bis zu 400G mit Multimode-Fasern zeigt deren Potenzial für Synergien aus kostengünstigen optischen Verbindungen und elektronischen Komponenten.
Eine zweite Eigenheit von Multimode-Transceivern ist ebenfalls wichtig: das Konzept der parallelen Übertragung, das manche auch als parallel-optische Technologie bezeichnen. Für die Ethernet-Geschwindigkeiten von 1G, 10G, 25G und 50G nutzen Multimode-Transceiver zwei Fasern – eine zum Empfangen von Signalen und eine zum Senden. Dieser Vorgang wird oft auch als serielle Übertragung bezeichnet. Da die Geräte zwei Fasern nutzen, ist das Steckgesicht für diese Transceiver ein
LC-Duplex. Jedoch wurde 2010 mit der Einführung des 40G 802.3ba Ethernet-Standards das Konzept von parallel-optischer Übertragung eingeführt. Im Fall von 40GBASE-SR4 Transceivern arbeiten insgesamt acht Fasern parallel: vier, die mit jeweils 10G senden und weitere vier, die mit jeweils 10G empfangen. Der Multifaser MTP-Stecker bildet die definierte Schnittstelle in den Transceiver hinein. Ein Hauptmerkmal der parallel-optischen Transceiver wie z.B. 40GBASE-SR4 ist, dass ein 40G MTP Switch-Port auf vier LC-Duplex 10GBASE-SR Ports aufgeteilt werden kann (Port Breakout). Dies führt zu Kosteneinsparungen und einer höheren Dichte der Switch-Ports. Eine Linecard mit 32 x 40G Ports kann auf 128 x 10G Kanäle aufgeteilt werden. Für Netzwerk-Administratoren, die eine Port Breakout-Funktionalität sowie 40G- oder 100G-Verbindungsstrecken mit mehr als 150 m benötigen – die von 40GBase-SR4 und 100GBase-SR4 Transceivern unterstützt werden – wurde zusätzlich ein proprietärer Transceiver für die Reichweitenerhöhung entwickelt: der eSR4 (40G-eSR4 – 300/400m OM3/OM4 und 100G eSR4 170/300m) (OM3/OM4). Zusätzlich zu den erreichbaren Energiekosteneinsparungen kann ebenso mit geringeren Kühlkosten gerechnet werden. Dies ist ein besonders wichtiger Punkt, da hier die Nachhaltigkeit von Investitionen beachtet wird, die für 40G erwiesen ist und für die 100/200/400G-SR4 Varianten ebenso skaliert.